Genusstouren

Genuss-Tour 2005, Radwanderung um den Bodensee

Radwandern mit Zelt um den Bodensee, das war der Plan und zunächst einmal ein Pilotversuch. Denn ein ähnliches mehrtägiges Fahrradangebot hat es meines Wissens in den letzten Jahren beim AlpinClub nicht (mehr) gegeben. Persönlich habe ich in meinem „früheren Leben“ allerdings häufiger analoge Unternehmungen absolviert, so dass sowohl die erforderliche Hardware (geeignetes Tourenrad, Packtaschen, Zelt, Kocher, etc.) noch vorhanden ist, als auch die nötigen Erfahrungen abgerufen werden konnten. Allerdings waren seit meinen letzten Radwanderungen mehr als 15 Jahre vergangen... !



Entsprechend ähnlicher, von mir seit Jahren angebotener sogenannter „Genusstouren“ sollte auch diese Radwanderung sportliche und gemütliche Elemente vereinen. Also, wie bisher bei den Hüttenwanderungen auch hier jeweils ein Umsetztag, gefolgt von einem „Erholungstag“. Letzterer sollte für Touren in die Umgebung ohne Gepäck oder aber einfach nur zum individuellen Entspannen genutzt werden. - Ein passendes Ziel für diese neue ACB-Ausschreibung war rasch gefunden, da ich persönlich die Bodensee-Umrundung schon kannte und daher wusste, dass sowohl die Radwege, wie auch das Streckenprofil geeignet sind, ggf. auch von untrainierten Radlern bewältigt werden zu können.

Sorge machte mir allerdings der Versuch, für die geplanten Campingplätze Reservierungszusagen zu erhalten, das gelang verbindlich eigentlich nur in einem einzigen Fall (60 EURO Vorkasse), ansonsten hatte man es wohl nicht nötig, sich um Kunden zu bemühen, ein zutreffender Eindruck, wie wir später schmerzlich erfahren mussten.

Nun waren wir allerdings auch etwas komplizierte Kunden, denn auf die Ausschreibung beim ACB hin hatten sich neben Brigitte und mir lediglich vier weitere TeilnehmerInnen angemeldet, von denen wiederum zwei ihren persönlichen Campingbus mitbrachten und schwerpunktmäßig an den Aktivitäten des „Erholungstages“ teilnehmen wollten. Insofern mussten wir mitten in der Hauptsaison bei den Campingplätzen auch noch Flächen finden, auf denen letztlich zwei Wohnmobile und zwei Zelte Platz hatten. Das machte die Suche nicht gerade einfacher... .

Niemals zu kalkulieren ist das Wetter. Optimistisch gehen wir bei der Planung fast immer davon aus, dass uns Sonnenkindern selbstverständlich selbige auch lacht, manchmal kommt es aber leider anders, als geplant!

Wir hatten also vor, gemütlich per Fahrrad und Zelt, den Bodensee zu umrunden. Auch wenn wir planten, nur jeden zweiten Tag das Zelt umzusetzen, wollten wir doch jeden Tag auf dem Drahtesel unterwegs sein. Etwas Kondition, ein tourentaugliches Rad, Zelt und Schlafsack und schon konnte man dabei sein. - Das Gepäck reduzierten wir auf das Allernötigste, denn als Belohnung für die Tagesstrapazen hatten wir vor, abends die Spezialitäten der Region aus Topf und Panne zu testen.

Brigitte und ich fuhren am Samstag, dem 30. Juli - wie schon seit Jahren Tradition – mit dem Nachtzug nach München. Zustieg in Wannsee und schon das erste Problem. Man kann den in Frage kommenden Bahnsteig nur über eine kleine Fußgängerbrücke erreichen, also alles Gepäck runter vom Rad und die Teile einzeln rübergebuckelt. Problem zwei, der Fahrradwagen läuft ganz am Ende des Zuges, der Wagenstandsanzeiger zeigte uns für unseren Schlafplatz aber den Zuganfang. Also stand bei dem kurzen Zugstopp in Wannsee ein kräftiger Sprint an. Gegen 6:30 Uhr sollte der Zug am Sonntag in München ankommen, aber der Schlafwagenschaffner erklärte uns, wir müssten aufgrund einer Baustelle einen Umweg fahren, der die Fahrzeit um mindestens zwei Stunden verlängert. Also wecke ich euch erst um 7:30 Uhr. Uns war`s recht, ging unser Anschlusszug nach Bregenz doch erst gegen 12:00 Uhr. Man kann sich sicher gut mein Dummes Gesicht vorstellen, als Brigitte gegen 7:45 Uhr panisch an die Duschkabine pochte, in der ich mich gerade befand und mitteilte, wir stehen auf dem Bahnhof in München... !

Sprint aus dem Zug, draußen fertig angezogen, Gepäck fertig gemacht und in die erste Kneipe, die auf machte (direkt neben der Frauenkirche) und frühstücken. Der Anschluss nach Bregenz klappte. Mit dem Rad weiter zum Campingplatz „Seecamping“ wo uns Heinz mit seinem Wohnmobil und heißem Kaffee bereits erwartete. Wir fanden ausreichend Platz (war `ne Ausnahme), das Zelt aufzubauen. Später traf Hartmut, ebenfalls mit Campingbus ein. Wir gingen gemütlich in ein Gartenlokal, um zu Abend zu essen.

Montag, 01. August 2005. Recht gut geschlafen und in alter Campermanier im Vorzelt auf dem Benzinkocher Frühstück bereitet. Die Sonne schien, Brigitte und ich beschlossen, dem nahen Rhein per Rad eine Stippvisite abzustatten, Heinz und Hartmut drehten eine andere Runde.

Als die Dämmerung einbrach – wir saßen schon wieder in dem Gartenlokal von gestern – beschloss ich Monika und Birgit aus Richtung Bahnhof abzuholen, um sie gleich mit in das Lokal zu lotsen. Wir waren komplett, das Essen gut, lediglich das kleine Zweimannzelt, das ich für die mitreisenden Damen organisiert hatte, trübte etwas die ausgelassene Abendstimmung.

Dienstag, 02. August 2005. In der Nacht hatte es zu regnen begonnen, so dass die Zelte nass abgebaut werden mussten. Wir verstauten unser gesamtes Hab und Gut auf den Rädern, wogegen Monika und Birgit gern das Angebot der Kavaliere Heinz und Hartmut annahmen und ein Großteil des Gepäcks in die Autos verluden. Heinz und Hartmut starten mit den Autos in Richtung Campingplatz Gohren, wir schwangen uns auf die Räder und starten im strömenden Regen. Vorbei am Platz der Wiener Symphoniker (Seebühne) über Lindau (Altstadt) und Wasserburg (Halbinsel). – Der Regen hielt an, bis wir nach etwa 25 km Gohren erreichten. Noch trüber wurde es, als uns Heinz und Hartmut die paar Quadratmeter Campingplatz zeigten, auf welchen zwei Wohnmobile und zwei Zelte unterzubringen waren (weniger als 50qm) und totaler Morast. Auch die Qualität des Campingplatzrestaurants war nicht gerade geeignet, diesen miserablen Campingplatz annähernd zu kompensieren. – Ich warne bereits an dieser Stelle alle Nachahmer: meidet um alles in der Welt diesen „gastlichen“ Campingplatz! – Wir krochen in unsere Schlammlöcher und versuchten zu schlafen.

Mittwoch, 03. August 2005. Es regnet die ganze Nacht. Die Schlammwüste vorm Zelt ist inzwischen knöcheltief. Nach dem Frühstück beschließen wir, doch besser loszuziehen, als Trübsal zu blasen. Also los, die Oberschwäbische Moränenlandschaft erkunden. Noch vor dem Start erwischt uns die nächste Husche. Die Argen entlang bis Beznau, dann über Schleinsee und Degernsee bis Steinerbad. Ein heftiger Zwischenanstieg brachte uns über Rapportsweiler nach Laimnau, dort Einkehr. Weiter über Tetnau nach Tetnang. Über Hagenbuchen nach Langenargen und zurück zum Campingplatz. Nach etwa 47 km Regenfahrt beschließen Brigitte und ich, alle getragenen Kleidungsstücke, einschließlich der Schuhe, im Campingplatz-Wäschetrockner zu trocknen. Wieder im Campingplatz-Restaurant „gespeist“.

Donnerstag, 04. August 2005. Wieder hat es die ganze Nacht geregnet und ich graulte mich etwas vorm Aufstehen, da das schon wieder Modder vorm Zelt und genervte Mitreisende bedeuteten könnte.

Nach dem Frühstück packten wir mal wieder die nassen Zelte ein, zahlten gegen 10:00 Uhr pro Zelt-Paar 42, - EURO Gebühren, beschwerten uns noch mal nachdrücklich über die miserable Platzqualität (viel zu eng belegt, Hauptsache die Kasse der Besitzer stimmt, rücksichtslose Gewinnmaximierung zulasten der Gäste) und starteten zur zweiten Etappe.

Die Sonne gab ein kurzes Gastspiel, wir kamen flott voran (Monika u. Birgit hatten ihr Gepäck wieder bei Heinz u. Hartmut abgegeben) und machten nach knapp 25 km die erste Pause in Hagenau. Anschließend ging es direkt weiter zum Etappenziel Ludwigshafen-Bodman.

Hartmut u. Heinz erwarteten uns wieder auf einem, dieses mal sehr schönen Campingplatz (der einzige, der eine Reservierung akzeptiert hatte). Wir bauten auf und fuhren zum Essen nach Bodman (Pizza).

Freitag, 05. August 2005. Bis 8:00 Uhr geschlafen (die Nacht war relativ kalt) und bei strahlendem Sonnenschein gefrühstückt. Gegen 10:00 Uhr starteten wir zu einer mehrstündigen Rundtour, mit einigen kurzen aber heftigen Anstiegen (arme Birgit!), bzw. Abfahrten. Mittagspause in Stockach, gegen16:00 Uhr wieder auf dem Campingplatz. Das Wetter lud ein zum Baden im Bodensee oder einfach nur zum Faulenzen. Abendessen wieder in Bodman (Monika + Birgit radelten noch zu einem Lokal der Extraklasse).

Samstag, 06. August 2005. Fahrt von Ludwigshafen nach Markelfingen (Radolfzell), zunächst über den Bodmanrücken, vorbei an der Insel Mainau nach Konstanz. Hier gönnten wir uns eine Kaffeepause und eine kurze Besichtigung. Anschließend folgte eine Rundfahrt über die Reichenau (interessante Kirchen, Gemüse, etc.), bis wir dann nach einigen „Verhauern“ schließlich den Campingplatz in Markelfingen ausmachten (knapp 70 km). Wieder hatte unsere Vorhut (H.+H.) einen wassernahen, ganz passablen Standplatz reserviert und sogar schon das Zelt für M.+B. aufgebaut. Rasch bauten auch Brigitte und ich unser Northface-Castle auf und ich bemühte mich um die Reservierung eines Tisches für das Abendessen, was mir auch gelang.

Es schien der Tag der „Verhauer“ zu sein, denn was uns die Gastronomie dort bot, gehört betraft (ich bitte unsere Mitreisenden um Verzeihung!). Die Nacht blieb trocken.

Sonntag, 07. August 2005. Wie es sich für einen ordentlichen Sonntag gehört, ließen wir Programm, Programm sein und gingen individuell unseren Interessen nach. B.+M. erkundeten die Insel Mainau, H.+H. besuchten in Konstanz eine Oldtimer-Rally (alte Traktoren etc.) und wählten für die Rückfahrt den Weg über Stein am Rhein und Radolfzell. (So konnten sie berichten, was uns bei der morgigen Etappe erwartet.) Brigitte und ich zogen es vor, etwas für unsere Kondition zu tun, indem wir das bergige Hinterland per Rad erkundeten.

Ganz mutig reservierten wir in der Gaststätte „zur Kapelle“ einen Tisch, in der Hoffnung, dass wir abends ein leckeres Essen bei phantastischer Aussicht über den Bodensee serviert bekommen – Volltreffer. Mit dicken Bäuchen erreichten wir gerade noch vor dem einsetzenden Schauer unsere Behausungen.

Montag, 08. August 2005. Fahrt von Markelfingen nach Ruederbomm. Besichtigung von Stein am Rhein (Altstadt). Weiter auf guten Radwegen und bei Sonnenschein über Kreuzlingen zum Campingplatz Ruederbomm. Fast schon wie gewohnt, hatten auch hier H.+H. ein Plätzchen reserviert und alles aufgebaut. Rasch bauten auch wir unser Zelt auf, nachdem ich mindestens 10 Minuten mit Brigitte darüber diskutiert hatte, welches der am wenigsten schräge Platz sei. Ein passendes Lokal für das Abendessen machten wir direkt angrenzend an den Campingplatz unmittelbar am Ufer des Bodensees aus. Die wirklich gute schweizerische Qualität mussten wir dann aber auch entsprechend schweizerisch „berappen“!

Dienstag, 09. August 2005. Fahrt von Ruederbomm durch das Rheindelta nach Bregenz. – Nachts kein Regen und zum Frühstück Sonnenschein, eigentlich schade, dass der letzte Tourentag gekommen ist. Routiniert brachen wir mal wieder unser Lager ab. Mit H.+H. hatten wir noch einen Übergabepunkt (Schließfach) für unsere Bergausrüstung, die immer noch bei Hartmut im Auto lag, in Bregenz vereinbart, dann starteten wir zur letzten Etappe. Die Sonne blieb uns hold, Birgit hatte sich inzwischen so richtig eingeradelt und gab häufig die Schlagzahl vor. Noch eine wohlverdiente Pause in einem romantischen Lokal, dann war Bregenz in Sicht. Auf dem Bahnhof erwarteten uns H.+H., da sie wegen einer Reifenpanne erst spät starten konnten. – Letzte Hektik auf dem Bahnhof, Abschied und Ende der Tour.

Wir haben jede Menge neuer Erfahrungen sammeln können, was die Organisation und die Durchführung von Radwanderungen betrifft. Lassen wir sie erst mal sacken, ehe wir resümieren.

Dank für das Durchstehvermögen, die Geduld und die Toleranz an alle Mitreisenden!

Arno + Brigitte

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